Chorreise 2014 ins Emmental

Chorreise vom 7. September 2014 ins Emmental

Mit „Z Visite im Ämmital“, ist die mit typischen Bildern versehene Einladung überschrieben, welche alle Sängerinnen und Sänger als persönliche Einladung zur Chorreise erhalten haben.

Die Abfahrt des Cars am Samstagmorgen ist auf halb acht geplant. Einige Mitreisende kommen noch vom Zug und besetzen die letzten freien Plätze. Arthur Graber öffnet das grosse Tor auf dem Parkplatz der Schweizer Metallbau – Fritz Bigler steuert das Riesending aus dem Firmenareal – die Reise kann beginnen!

Leichter Bodennebel schleicht über die Äcker und Wiesen, der Herbst ist im Anrücken. Doch bald zeigt sich die Sonne. Fritz fährt in Affoltern am Albis auf die Autobahn in Richtung Luzern. Antoinette Zberg begrüsst uns mit sympathischen Worten. Sie informiert über den Weg bis zum Kaffeehalt und wünscht eine gute Reise. Auch sucht sie noch einen Schreiber oder eine Schreiberin für den Reisebericht. Bisher hat sich leider niemand gemeldet …

Schnell sind wir in Rotkreuz, wo sich der Pilatus majestätisch präsentiert und weit im Hintergrund sich einige schneebedeckte Gipfel zeigen. Gegen Emmen steigt aus grossen Kaminen Rauch auf – bei Swiss Steel wird noch gearbeitet. Aus Schrott werden dort Band-­ und Walzprodukte gefertigt. Bis 2007 hiess diese Firma Von Moos Stahl.

Weiter fahren wir bis zur Ausfahrt Sempach, wo wir die Autobahn verlassen. Die Fahrt geht jetzt auf Haupt‐ und Nebenstrassen gemütlicher weiter. Fritz will uns das Zentrum des historischen Städtchens Sempach zeigen. Geschickt steuert er durch die beiden engen Stadttore. Nur wenige Zentimeter bleiben links und rechts neben den Spiegeln. Dann geht es zügig hinauf zum Hotel Vogelsang, hoch über dem Sempachersee.

Vor einigen Jahren wurde das Gasthaus an diesem prächtigen Aussichtsort neu erbaut. Wir geniessen den von Therese Möckli und Otto Bigler gespendeten Kaffee mit den Gipfeli und natürlich auch die wirklich einmalige Sicht in die Alpen. Nach einigen Fotoaufnahmen und unserem Abschiedslied „S het deheim e Vogel gsunge“ geht es nach neun Uhr weiter in Richtung Beromünster.

Die alte Antennenanlage des Mittelwellensenders präsentiert sich als antikes Stück schön neu bemalt. Unser Präsident Peter Lanzendörfer liest uns zur Unterhaltung eine Kurzgeschichte in berndeutscher Mundart von Pedro Lenz aus dem Buch „Liebesgeschichten“: „D’Ouge vo de Guschti“. Der feine Humor in dieser Erzählung bringt uns näher an Gotthelfs Gedankenwelt.

Über Sursee – Mauensee erreichen wir Gettnau und fahren weiter, der Luthern entlang, nach Huttwil. Die Bernerfahne über der Strasse erinnert daran, dass wir den Kanton Luzern verlassen haben. Durch die hügelige Landschaft fahren wir an vielen Kuhweiden vorbei über Dürrenroth nach Sumiswald. Bei Trachselwald kann man eine stolze Burg erkennen. Sie steht eingangs des Grüenenthals auf einem markanten Hügel. Leider reicht die Zeit nicht, um das Schloss zu besichtigen. So geht die Fahrt weiter nach Lützelflüh, wo Fritz neben dem Schulhaus einen geräumigen Parkplatz findet.

Hier in Lützelflüh lebte Albert Bitzius, wie er mit richtigem Namen hiess und wirkte als Pfarrer. Im Jahr 2012 wurde das neue Jeremias Gotthelf Zentrum im ehemaligen Pfarrhaus eingerichtet. Verena Hofer, Präsidentin des Vereins Gotthelf‐Stube Lützelflüh und Vizepräsidentin des Stiftungsrates der Jeremias Gotthelf‐Stiftung begrüsst uns in der schön renovierten historischen Winde im Dachgeschoss des Pfarrhauses, das 1655 erbaut worden ist. Jeremias Gotthelf, wie sich Bitzius als Schriftsteller nannte, wohnte von 1831 bis zu seinem Tode im Jahr 1854 in diesem schönen Haus neben der Kirche. Auch heute scheint die Umgebung noch wie zu seinen Lebzeiten: Schafe weiden auf der Wiese hinter dem Haus zwischen den Obstbäumen. Im Spycher, der ehemaligen Gotthelfstube, werden Gebrauchsgegenstände aus der Lebenszeit des Pfarrherren und Dichters gezeigt.

Frau Hofer versteht es, uns während gut einer halben Stunde in klarer, lebendiger und recht lauter Sprache über das Leben, Wirken und Werk von Jeremias Gotthelf zu erzählen, ohne dass es je langweilig geworden wäre. In den 18 Jahren seines Wirkens entstanden 13 grosse Romane mit ethisch wertvollen Inhalten, und markanten Zitaten, die auch heute noch gelten, wie: „Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterland“. Dann geht es in zwei Gruppen durch die als Museum konzipierten Räumlichkeiten, in welchen modernste Ausstellungstechnik zum Einbau kam. So ist es möglich, in handschriftliche Originaltexte Einblick zu nehmen und diese mit den Szenen aus den Gotthelf-­‐Filmen oder Hörspiel-­‐Sequenzen am audiovisuellen System zu vergleichen.

Rasch geht die Zeit vorbei und Hunger kündigt sich an. Um ein Viertel nach zwölf fährt der Car zum Mittagessen zurück nach Sumiswald zum Gasthof Kreuz. Dieser ist im Jahre 1664 erbaut worden. Das prächtige Wirtshaus ist mit wenig passenden Sonnendächern im Eingangsbereich versehen worden, so dass die schön bemalte Untersicht nicht mehr so gut zur Geltung kommt. Im Inneren sind die noch aus jener Zeit stammenden niedrigen Räume mit zahlreichen hohen Schwellen erhalten geblieben, deshalb erfordert der Gang zum Tisch unsere Aufmerksamkeit. Mit den Hinweisen des Personals, das uns empfängt, gelingt das ohne Zwischenfälle.

Unsere Organisatorinnen haben das „Schwingermenu“ bestellt. Als erster Gang wird ein knackiger „Wybersalat“ aufgetragen, der mit Speck und Croutons garniert ist. Dann geniessen wir den „Schwingerbrate“, ein am Stück gebratenes Schweinskotelett an „Öpfurahmsauce“ mit „Chrüternudle“ und „Gmüesigem usem Pflanzblätz“. Wer das fleischlose Menu bevorzugt, erhält panierten „Joggelichäs“ mit Kartoffelgratin und Gemüse. Mit jedem Tisch, an dem das Essen gereicht ist, wird es ruhiger im Saal. Alle geniessen das feine „Zmittag“, das für besonders Hungrige reichlich nachserviert wird.

Dann sagt Christine Wyss die Überraschung des Tages an: Lorenz Mühlemann, ehemals Lehrer und heute leidenschaftlicher Musiker, Schöpfer und Leiter des Schweizer ZitherKulturzentrums in Trachselwald wird uns seine verschiedenen Instrumente vorführen! Virtuos spielt er das Hackbrett. Anschliessend erklärt er uns die Akkord‐Zither, ein relativ einfach zu spielendes Instrument. Dann folgt das Spiel auf der Violin‐Zither, auf einer halb automatisierten Zither aus den USA sowie auf einer neuen, selbst gebauten Halszither, der „Hanottere“. Mit grossem Können entzaubert er den verschiedenen Instrumenten feine Melodien – ein ganz besonderes, leichtes Dessert! Nach langem Applaus für die überraschende Einlage singen wir zum Dank für Lorenz Mühlemann und für das Küchen- und Servierpersonal die Lieder „Du fragsch mi wer i bi“ und „Bajazzo“.

Die Weiterfahrt führt uns zuerst der Emme und dann der Ilfis entlang nach Wiggen. Dort zweigen wir nach Schangnau ab und fahren dann über Bumbach ins Kemmeribodenbad. Hier sind wir nicht alleine. Zahlreiche Wanderer und Ausflügler belegen den für seine riesigen „Meränggen“ bekannten Gasthof. Für uns sind einige Tische hinter dem Haus reserviert. Auf dem Weg dorthin, begegnen wir wandernden Hedingern. Wie klein ist doch unsere Welt …

Gut, dass es noch eine Weile dauert, bis die Prachtsexemplare aus Eiweiss, Zucker und Rahm auffahren. So kann sich unser „Zmittag“ noch etwas setzen und es gibt Platz im Magen. Ich weiss nicht, wer die grössere Leistung vollbracht hat, die Esser der klassischen “Meränggen“, diejenigen, welche die etwas kleinere Portion ergänzt mit Vanille:glacé verspeisten, oder diejenigen, welche ihren grossen Fruchtsalat mit dem Rahm genossen haben? Egal, mit Hunger ist sicher gar niemand in den Car gestiegen, obwohl einige noch die Abendsonne nutzten, um sich in der Umgebung die Füsse zu vertreten. Dabei war es auch noch möglich, die Hochwasserschäden entlang der jungen Emme zu bestaunen, welche bei den Gewittern der vergangenen Wochen entstanden sind.

Etwas später als geplant nehmen wir die Heimkehr unter die Räder, nachdem wir uns vor dem stattlichen Gasthaus mit dem Lied „Luegid vo Berge und Tal“ verabschiedet haben. Zum Trocknen der Abschiedstränen halten uns die Serviertöchter ein Leintuch bereit, das wir wegen unserer wirklich guten Stimmung jedoch nicht brauchen.

Auf dem Heimweg liest Peter Lanzendörfer noch eine weitere berndeutsche Geschichte aus seinem Büchlein vor: „Dankbarkeit“, mit dem Metzger Hotz. Er leitet damit über zum Danke sagen für den wirklich schönen Tag. Beide Organisatorinnen, Antoinette Zberg und Christine Wyss haben uns mit ihrem sorgfältig ausgewählten und bestens geführten Programm sehr verwöhnt. Fritz Bigler hat den Car meisterhaft gesteuert. Die präsidial vorgetragenen Mundartgeschichten haben schön zum Tag gepasst und uns gut unterhalten. Und auch das bei Petrus bestellte Wetter hätte nicht besser präsentiert werden können!

Bei allen, die zur unvergesslichen „Visite im Ämmital“ etwas beigetragen haben, bedankt sich der Schreiber – sicher im Namen aller Mitreisenden – ganz herzlich.

11. September 2014

Lieni Grimmer