Chorreise 2012 nach Bad Ragaz – Taminatal

Chorreise vom 1. September 2012 nach Bad Ragaz – Taminatal

Reisebericht

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Karin Gottier und Heidi Meili haben die diesjährige Chorreise vorbereitet. Leider kann Karin heute aber nicht mitkommen. Sie liegt krank im Bett. Das Wetter will auch nicht richtig mitspielen. Nach schwül heissen Tagen nieselt es heute Morgen vom trüben Himmel.

Nun hat Heidi die Rolle der Reiseleiterin zu übernehmen. Sämi, Dölf und Werner sind als Gäste mit dabei. Zusammen sind wir 34 Personen. Noch fehlt jemand, als wir den Zug nach Zürich besteigen.

In Zürich sollten wir genügend Zeit zum Umsteigen haben. Der Abfahrtsperron wurde angekündigt. Wir begeben uns – geordnet wie eine Schulreise – dorthin, wo jetzt gerade ein Zug abfährt. Dann wechselt die Abfahrtsanzeige. Doch nicht unser Fahrziel wird angezeigt. Wird es erst der nächste Zug sein? Heidi versucht, unsere noch vermisste Sängerin telefonisch zu erreichen. Sie hat sich verspätet und wird nicht mitkommen, wie sich später herausstellt. Geduldig stehen wir auf dem Perron, als uns die Meldung erreicht, dass unser Zug in wenigen Minuten einige Gleise entfernt fahren wird. Schnell wechseln wir dorthin und suchen unseren reservierten Wagen hinter der Lokomotive. Gut, dass alle den morgendlichen Eilmarsch schaffen. Dann fährt der Zug ab mit Endziel Chur.

Tief hängen die Wolken über dem Zürichsee. Trotzdem sieht man einige Segelboote auf dem Wasser. Der Wind bläst ordentlich – das dürfte eine ziemlich kühle Angelegenheit sein. Hier im warmen Wagen wird munter geplaudert. Wer noch nicht gefrühstückt hat, freut sich besonders am Gipfeli, welches Dölf aus den grossen Säcken verteilt. In der March haben sich die Nebelschwaden schon etwas gehoben, so dass man die Umgebung bewusster wahrnimmt. Bald fahren wir in Walenstadt durch. Da war ich vor 49 Jahren in der Rekrutenschule. Damals sah die Gegend noch anders aus, viel mehr nach Militär! In der Paschga standen die Nahkampf-Häuschen – vom Pulverdampf und vom Sprengstoffrauch geschwärzter Beton – ganz im Kontrast mit dem auch heute noch friedlich auf dem Hügel thronenden Kirchlein von Berschis, wo wir nur wenig später vorbeifahren.

Nun passieren wir Flums, die Jugendheimat von Reinhard. Er zeigt uns, wo er aufgewachsen ist: Nahe bei der Steinwollefabrik. Heute stehen dort einige Fabrikgebäude mehr. Wenige Minuten später kommen wir in Bad Ragaz an. Heidi will wissen, wer nach dem Mittagessen zu Fuss vom Alten Bad Pfäfers zurückspazieren möchte und bittet, entsprechende Gruppen zu bilden. Nachdem auch alle vom Besuch der Toilette oder vorn Kiosk zurückgefunden haben, sind die Zahlen für die Postautobillette bald klar. Wir wenden uns dem nächsten Auto zu, um einzusteigen. „Dort drüben steht euer Sonderbus“, meint der Chauffeur und zeigt in die danebenliegende Haltebucht. Schön, hier finden wir alle einen Sitzplatz. Nachdem uns der Fahrer freundlich begrüsst hat, bewegen wir uns durch die engen Strassen in Richtung Taminaschlucht. Steil steigen die Felsen über der schmalen Strasse auf. Und bald liegt die grau brodelnde Tamina tief links unter uns, so dass ich froh bin, dass der routinierte Chauffeur den Bus sicher auf der Strasse fährt. Einige Wanderer müssen sich vor dem grossen Gefährt in Sicherheit bringen. Der Fels kratzt beim Kreuzen fast am Wagenkasten. Weil es in der Nacht hier auch geregnet hat, rinnt Wasser an verschiedenen Stellen von den Felswänden herab.

Auf dem Vorplatz des Alten Bades hält der Bus an. Der schön renovierte Bau ragt stolz über mehrere Stockwerke in den grau verhangenen Himmel. Wir begeben uns in die alte Küche, wo uns der Geschäftsführer die Geschichte dieser historischen Stätte erklärt: Als das Seeztal und die Rheinebene noch sumpfig und schwer zugänglich waren – die Malaria grassierte in diesen Feuchtgebieten – nahm man den Weg durch die Taminaschlucht und über den Kunkelspass nach Tamins ins Vorderrheintal. Weiter ging es dann durchs Domleschg und die Via Mala. Dann war noch der Splügenpass oder der San Bernardino zu überwinden, um in den Süden und nach Italien zu gelangen. Im Jahre 1240 entdeckten zwei Jäger eine warme Quelle in der Taminaschlucht. Mönche des nahe gelegenen Benediktiner Klosters Pfäfers erkannten die heilende Wirkung dieses Wassers. 1535 weilte der Naturforscher, Philosoph und Arzt Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, als erster Badearzt in Pfäfers. Später wurden die Klinik Valens und die Tamina Therme Bad Ragaz erbaut, wo heute das warme Wasser für therapeutische Zwecke genutzt wird.

Nun erhält Heidi vom Geranten den Schlüssel für die Eingangstüre der Schlucht. Wir spazieren auf dem schmalen Pfad, durch das Geländer vor den rauschenden Bach geschützt, vorbei an tropfenden Felsen in Richtung Quellwassergrotte. Zwischendurch spritzt es von oben herab, so dass Schirme geöffnet und Kapuzen übergestülpt werden. Nach einigen hundert Metern betritt man einen Tunnel. Er ist gut beleuchtet. Unter den Holzbohlen dampft das abfliessende Quellwasser. Dann erreichen wir den Thermalwasserbrunnen, wo das klare warme Wasser aus dem Felsen tritt. Der durch ein Vordach geschützte Podest ermöglicht den sicheren Ausblick in die Schlucht. Der Blick wandert nach oben, wo etwa siebzig Meter über uns die Sonne zaghaft in den engen Felsspalt leuchtet.

Noch ein paar Minuten lassen wir uns von diesem besonderen Schauspiel beeindrucken. Dann machen wir uns auf den Rückweg. Wieder vor dem Alten Bad Pfäfers angekommen, wirft die Sonne hie und da kurz ihre Strahlen bis zu uns hinab. Trotzdem zieht es uns nun in den schön renovierten Speisesaal, wo wir vom Servierpersonal freundlich begrüsst werden. Der Service klappt und bald stehen Suppe und Salat auf den langen Tischen. Zum Hauptgang wird ein feiner Blauburgunder aus der Gegend serviert. Wer noch nicht genug hat, kann zum Abschluss das bestellte Dessert geniessen. Nebst uns ist scheinbar noch ein anderer Chor auf die Idee gekommen, heute hier ins Taminatal zu reisen. Nach dem Essen singen unsere Tischnachbarn zwei hübsche Lieder. Das weckt auch unsere Sinne, so dass zum Abschluss der ganze Saal mit einstimmt. Nun muss pressieren, wer noch das Badmuseum im oberen, oder die historischen Wannenbäder im Untergeschoss besuchen will.

Bald ist Zeit, um wie abgemacht, den Bus zu besteigen oder nach Bad Ragaz hinunter zu spazieren. Ich gehe vorerst ohne Schirm. Bald suche ich aber wieder Schutz, um nicht zu nass zu werden. Erst jetzt sieht man die vielen Rinnsale genauer, die der Regen an den steilen Felswänden bildet. Wir durchschreiten ein Gebiet, das vor einiger Zeit durch einen Hangrutsch aufgefüllt wurde. Weiter unten werden die Felsen wieder enger. Die Tamina zwängt sich schäumend zwischen den Felsen durch. Ich entdecke eine Wasserfassung am Gegenhang. Dann werden bald die ersten Häuser von Bad Ragaz sichtbar. Nach knapp einer Stunde Fussmarsch erreichen wir das Dorfbad, wo sich inzwischen die Führerin und der Führer eingefunden haben, welche uns die Skulpturenausstellung näher bringen werden. Wie wir erfahren, stellen 80 Künstlerinnen und Künstler insgesamt 400 Objekte aus. Viele sind grossformatig, ein Teil davon ist in Vaduz ausgestellt. Zusammen wiegt das Ausstellungsgut 1700 Tonnen. Wir bilden zwei Gruppen und ziehen los, um die Kunstwerke zu bewundern.

Auf dem Marktplatz präsentiert sich eine rauh geschnittene, vielfältige Holzinstallation in bunten Farben: Eine Art moderne Arche Noah. Mitten im Ortszentrum stehen gewaltige Sandsteinplatten. Verschiedene Bäume, Pfosten und Fensterläden sind mit Strickarbeiten verziert. Diese wurden von vielen Schülern und Freiwilligen gestrickt.

An Objekten aus Bronze vorbei, geschaffen von russischen Künstlern, führt uns Enkatharina Stettler zu den Skulpturen auf dem Kurpark. Sie erklärt uns die kulturellen Zusammenhänge, einiges aus dem Leben der Künstler, die Entstehungsgeschichten der Objekte sowie deren Ausstellungsleben. So berichtet sie darüber, wie einzelne sehr grosse Stücke für den Transport hierher zerlegt werden mussten, wie aufwendig gewisse Techniken in der Herstellung sind, und worauf wir beim Betrachten besonders achten müssen. Über den Golfplatz führt die Ausstellung weiter in den Giessenpark. Dort sind dem Ufer des Sees entlang zahlreiche Skulpturen errichtet. Einige sind sogar im Wasser installiert. Licht und Schatten fallen so besonders auf, wie auch Spiegelungen. Die technischen Installationen stehen da in starkem Kontrast zu den prächtigen Bäumen des Parks. Nicht alle Objekte sind gleich gut zu verstehen, was die Ausstellung spannend und sehr abwechslungsreich macht.

Bald schon ist Zeit, sich auf den Bahnhof zu begeben, um den geplanten Zug nicht zu verpassen. Ein schöner Abschluss der 5. Schweizerischen Triennale der Skulptur in Bad Ragaz macht der kolossale Bücherstapel vor dem Bahnhof, wo sich unsere Führerin verabschiedet. Herzlichen Dank für die fundierten Hinweise! Hier treffen wir auch wieder die zweite Gruppe, die mit Rolf Widrig unterwegs war.

Nach kurzer Wartezeit auf dem Perron fährt unser Zug nach Zürich ein. Die Plätze sind wiederum reserviert, diesmal am Ende des Zuges. Man richtet sich gerne bequem ein. Zufriedene Gesichter trotz müden Beinen. Bald schlafen einige – der Tag war sehr eindrücklich – und wohl deshalb auch recht kräftefordernd. Ohne Gesang geht es zurück nach Hedingen.

Ein herzliches Dankeschön den beiden Organisatorinnen, Karin Gottier und Heidi Meili.

24. September 2012
Lieni Grimmer